Forum Docu Store Sonnets Lyrics - tage-bau.de-Lesung Border.Line Berlin 03.07.2004


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Walther Stonet
19.06 21:00


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tage-bau.de-Lesung Border.Line Berlin 03.07.2004
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Dichtung


 



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tage-bau.de-Lesung Border.Line Berlin 03.07.2004
© 2001-2003 by Werner Theis (alias Walther), Birkenweg 26, 72555 Metzingen, Email: walther@.gedankenlieder.de, http://www.gedankenlieder.de/
© 2001 -2003 by ögyr / Jörg Meyer , Email: jmeyer@nikocity.de, http://www.schwungkunst.de/


dia.log.on

am früh.tag hatten wir den spaß begonnen,
verse, strophen reimen über fernen, grenzen.
hoffend, sinnend, lästernd, hälftig zu ergänzen
wort an wort, wir laut an laut gesponnen.

welchen sinn die zeilen, welcher zweck der dia.log:
mono.log.on, sendend, trans.feriert auf digitale netze,
welt.schmerz, ängste, nacht.gedanken sich, die hetze,
womits heut.zu.tage aller tage schon sich trog.

spät nachts ist schweiß zu eis geronnen
uns auf hoher denker.stirn, die falsche liebe
als naher flug ent.puppte sich zu heißen sonnen;

bis hellhart zum morgen, dahin sie sich verzog,
die traur.nacht, als ob nicht immer alles triebe
zum ver.stehn: nur wirklich ist, was sich zu.vor be.log.

Brücke aus Gedanken

Dass mehr als ein Versuch mir glücke,
Beschrieb ich heut ein weißes Blatt.
Der stets an sich gezweifelt hat,
Baut sich aus Versen eine Brücke,

In eine schönre, andre Zeit.
Wie leicht sie über Schnitte schwingt,
Wie auf ihr das Leben swingt,
Als wär’s zur Querung stets bereit.

In imaginierten Sielen
Vom Wind sah ich die Brücke schwanken.
Auf sie Geträumte talwärts fielen,

Um die sich meine Worte ranken:
Seitenweise, diese vielen,
Beschrieben voll mit Seinsgedanken.

*Borderline I – Zwischen.welten

Sind es die Menschen zwischen Schichten,
Den Zwischen.welten, in die Wirklichkeit zerfällt,
Die, aus knotgem Netz, das sie zusammen.hält,
In freier Form mit Text, Wort, Bild berichten?

Die Linien, Mauern und die Grenzen
Über.windend bilden und zusammen.binden;
Die aus Not geschöpft ein Wissen schinden;
Erkenntnis und Moral zu Sinn ergänzen?

Die aus Schmerz.erfahrung Stimmung schaffen,
Aus Gefühlen Liebe, Heimat destillieren;
Den allerletzten Mut zusammenraffen,

Von Hoffnung, Trost wie Siegen jubilieren
Über Leere, Dummheit, Menschen.affen,
Und so im Netz sich selbst und Besseres gebieren?

letzte klicke

das leergut bring’ ich locker um die ecke,
zum supermarkt, in meine küchenschränke,
dass niemand merkt, wie ich verkorkst verrecke
und dass sich zieht das in der nächte länge.

ich klick’ auf meine lieblingspage am abend
so regelmäßig wie die tagesschau,
bin einer jener, die sich tödlich labend
verzieh’n in eingesamtem wohnverhau.

und doch, ich bin damit nicht mehr allein,
bin nicht das opfer solcher selbstzerstörung.
die massen gehen wissend in den schrein

aus kriegslust gegenüber der betörung,
allzeit bereit zum schuss ins eigentum
am wunsch, nur noch als selbiges zu ruh’n.

Borderline III – Grenz.gang.leben

Ein klein Liedchen wollen wir uns lesen!
Oder wollen wir es nicht gleich singen?
Würd’s denn nicht viel besser klingen,
Wärn vorher fleißig üben wir gewesen?

Warum hart mit falschen Tönen ringen!
Gehen wir doch gleich zum Tresen,
Hier ist manch Versager rasch genesen,
Am im Suff groß Sprüche Schwingen!

Tief in die Leere voller Gläser sehen,
Ist doch für sich noch keine Kunst.
Wenn Flaschengeister leis vorüberwehen,

Durch Nebel, Rausch und blauen Dunst:
Rasch kann ein Leben laut vorübergehen,
Schenkt so der Dumpfheit man die Gunst.


letzte zigarette

ich trank noch aus und letzte zigarette
verglimmte knisternd zwischen meinen lippen.
die jacke an, den puls gefühlt und fette
aufgezählt, die über bäuche wippen,

wollt’ ich mich stehlen und mich endlich trollen
aus dieser bar an nächsten nassen tresen,
zu tief im glas dort gehen in die vollen,
um nocheinmal besoffen zu verwesen.

ich zündelte so wild wie schwarzer krauser
an mir, full house gefüllt und voll verwegen
und mailte mich als teufel an die wand.

denn noch bin ich kein artig heim.behauser,
dem sowas kommt als unfall ungelegen.
in mitten bin ich nicht, ich will den rand.


*Wer sie besitzt

Wild Bilder übereinander gestürzt.
Wüst Gefühlskriege verbittert geführt.
Wut hinübergereicht. Das andre Ende berührt.
Wehmut und Zorn mit Urschleim gewürzt.

Raue Gestalten sind durch Seele geritten.
Rachsücht’ge Hippen sie sensend gemäht.
Tot liegen sie, die Bäuche aufgebläht.
Begierden, roh, der Herrschaft entglitten.

In Sehnsuchtsnächten Wunden geritzt.
Nassfeuchte Träume ins Laken gewühlt.
Hoffnung, neu, ein Trugbild, zerschlitzt.

Endlos die Leere. Das Herz unterkühlt.
Ehr. Treu. Lieb. Glaube. Wer sie besitzt?
Einsam. Alleinsein. Nur sich noch gefühlt.

s(t)uff

der korken steckt im korken.zieher noch,
schon schlüpft die neue flasch’ aus dem regal,
ein braut.gebräu, das stopfen wird mein loch,
dem alles wichtig, nichts mehr ist egal.

als nüchterner bin ich nur eine gleichung,
ein aufgegang’nes liederliches spiel.
erst in des rausches trunkener beschleichung
werd’ ich zum scharf gespitzten feder.kiel.

es ist der stoff, aus dem die träume sind,
der mir die reime bitter.süß verschafft.
er ist mein vater, mutter, ich das kind,

das saugt an praller trauben saft’gen brüsten.
bevor solch’ stoffe mich einst hingerafft,
werd’ ich beschenken euch mit ihren lüsten.


Zeitzigeuner

Zeitläufer bin ich, und ein Zeitzigeuner,
Und wandere die vierte Dimension.
Auch in Deinem Nacken war ich schon.
Siehst an der Ecke Du den Streuner?

Trägt er am Leib dies Lebens Lohn?
Wird täglich nicht Dein Nutzen kleiner?
Welch Unterschied, und wenn, dann feiner,
Steht zwischen Siegeszug und Hohn!

Ich lasse mich nicht mehr verorten;
Mich treibt vom Dasein nur der Zweck:
Ein Lebensglück lässt sich nicht horten.

Dem Sturm biet ich die Stirne keck.
Du lungerst dort, an meinen Pforten;
Der nächste Windstoß bläst Dich weg.

ikarus auf einen streich

der schnelle strich durchs haar an brust und scham
ist wie ein beil, ein zugefallenes.
mit letzter kraft sinkt kopf in ihren arm,
singt dort sein liebeslied, verhallendes.

ein kopfschuss knallte. oder war’s ein flieger?
der mit dem kopf brach durch ein schallgemäuer,
zu hoch geflogen, vögelndes gefieder,
das stürzt in erde, wasser, luft und feuer.

der fixe schnitt, präzis’ geführt durch haut
und knochen, mark und bein und mitten rein
ins so genannte herz, den hämmerlaut,

den sprücheklopfer, immer noch allein,
doch allzu vieles schwörend stein auf bein –
jetzt fällt er hin, geht nieder vor der braut.


Treibholz

Ich fühl mich durch die Zeit geschoben,
Als wär ich nur ein Stück aus Holz.
Mit den Wassern treibt mein Stolz,
Der sich verlor in vielen Proben

Des Muts, der Kraft, des Widerstands.
Nicht wirklich will ich mich hier loben,
Hab doch zu häufig mich verhoben,
Bar jeder Klugheit, des Verstands!

So treib ich, beinah, durch mein Leben,
So fahr ich durch den Strom der Zeit.
Muss es nicht Halt, ein Atemholen geben?

Bleibt Alles stets Vergeblichkeit?
Weiter kämpf ich, fühl dies Streben,
Dem Tod zu widerstehn, der dann davon befreit.

springer auf g6 ...

und bringe mich hier endlich ganz zur ruh,
in diesem vers, dem letzten vor’m verzichten:
ich halt’ die klappe, halt’ das maul – nur zu!
nur zu! schick nach dem klempner, mich zu dichten!

und lies, o, lies nichts mehr in meinen augen,
schau weg von mir, verstopfe deine löcher,
schlag bretter vor die fenster aller lauben,
dass amors pfeil verwelk’ fortan im köcher!

denn keine spur soll von mir übrig bleiben,
kein ritz in keiner rinde zeugnis geben
von gruben, die ich aushob mir beim schreiben.

der wind soll teilen sich den staub der reben
mit stillen weinen, die darin ertrinken,
wie alles licht vergeh’ im letzten blinken.


Schach.matt

Als Springer will ich weiter springen,
Als eins und zwei im Brett des Schachs.
Als wahrer Meister meines Fachs
Möcht’ ich die Damen rasch bezwingen.

Nur grade Strecken fährt der Turm,
Mal Trippelschritt, mal ganze Länge.
Den König treibt er in die Enge.
Bauern zertritt er wie den Wurm.

Der Läufer liebt’s Diagonale.
Er legt sich fest auf Schwarz und Weiß.
Der Bauer steht für’s Triviale.

Er wirkt und stirbt ganz auf Geheiß.
Der Bauern Letzter spielt’s Finale:
Die Dame zum Schluss winkt als Preis.

letzter tag in jüngster nacht


in letzter nacht war ich nicht jüngster tag
und bin auch heut’ nicht ein-, noch ausgegangen.
doch die, der ich so nicht zu füßen lag,
hat sich heut’ nacht an einen hals gehangen.

und der an sie, an ihre rosen.lippen,
und hat das apfel.fleisch, das sie gereicht,
gefressen, während ich verzehrte mich
nach solcher frucht, die mir bis morgen reicht.

und reichen muss in wüsten, wo die hippen
besensen mit so scharfen leibern sich,
so steil gezähnt ins flotte ineinander.

ich war nicht jüngster, sondern allerletzter,
hielt aus im täglich langen marsch als bester
und ging noch nachts, wohin ich heimlich wander’.


Dritte Reihe von unten das vierte –
dreizehnte Reihe von oben das neunte

Vergraben tief in Winterhöhlen.
Verborgen hinter schwarzen Fenstern.
Um Schlag Zwölf gleich den Gespenstern
Dem Eishauch hinterher zu grölen,

Greifen Schatten nach Gerippen.
Werfend in die Gräber Steine,
Wild vermählen sich Gebeine,
Springen Teufeln auf die Schippen.

Rüber schau ich zu den Toten.
Scheckern hör ich ihr Gelächter.
Wer erzählte Witz und Zoten?

Warn’s die Toten? Warn’s die Wächter?
Will den Albtraum nicht benoten.
Selten warn die Hippen echter.

Über alle Grenzen

Sind nicht über Grenzen wir gegangen
Im Zeitlauf, hier, in unsrer Liebe?
Sind in des Alltags dauerndem Geschiebe
Auch aneinander wir gehangen,

Wenn zwischen uns die Ferne war?
Haben wundgerieben wir die Herzen
Nicht in selbstgemachten Schmerzen:
Und ist’s nicht doch so wunderbar?

Wie immer kann ein Blick verführen
Mich aus Deinen warmen grünen Augen.
Und immer möchte ich Dich spüren,

Möchte mich in Deine Seele saugen,
Möchte selig wieder Dich berühren,
Solang dazu die Körper taugen!


*Borderline IV: Ein Leuchten

Mir sind die Verse reinste Qual;
Zerbrochner Spiegel, viel Gesichter
Von fremden Wesen, seltenem Gelichter,
Der Sprung im Glas. Er war final,

Der Sprung ins Leben gar fatal;
Mir selbst bin ich der schlimmste Richter,
Ein Stolzzerstörer, ein Selbstvertraunsvernichter:
Mein eignes Bild ist mir heut schal.

Zu meinem Ich find nicht den Bogen,
Nicht klingen will wie frisch gestimmt
Ich, hab, um den Nachtschlaf mich gelogen,

Mit Hemd mich, Schlips, auf toll getrimmt:
So bin ich in die Stadt gezogen,
Dorthin, wo nachts ein Leuchten glimmt.

*Wahnsinnsaugen

Immer, wenn ich an dich denke,
Seh’ ich sie, die Wahnsinnsaugen.
Sie wollen Alles in sich saugen,
Wenn ich dir `nen Tagtraum schenke.

So, als könntest du nicht glauben,
Dass ich mein Sehnen auf dich lenke,
Mich aus der Ferne in dich senke:
Wer wollte dieses Bild mir rauben?

Zur Stärke werd mir diese Schwäche:
Denn wofür soll der Tapfre kämpfen?
Ein Geschiebe ist’s und ein Gesteche!

Niemand könnt mehr Mut mir geben:
Nichts soll mir die Hoffnung dämpfen
Unds Zutraun, nach dem Glück zu streben!


jörg meyer / ögyr

joerg.meyer@ki.comcity.de

http://www.schwungkunst.de/

seit 1964. arbeitet in kiel als freelancer für tages.zeitungen
(vorwiegend kultur.ressort) und dtp.knecht für schlecht zahlende kleinst.unternehmen.

seit 1999 auf http://www.schwungkunst.de/ hyper.text.experimente mit dem hyper.link als assoziations.sowjet.maschine (z.b. "merz.monstrum").

2000 die daily.soap der pretty.public.privacy im hyper.lynx.di.gi.arium "d.day - keine nacht für niemand": täglich.nächtlich närrisch im und hinter dem text verschwunden.

fortsetzung 2001 mit "joint@venture", ursprünglich als forum gedacht, dann aber doch "nur" die nische des selbst.postenden web.masters.

2001 erster preis beim wettbewerb des kulturnetz schleswig-holstein (http://www.kulturnetz-sh.de/) für "merz.monstrum 2.0"
(http://merz-monstrum.kulturnetz-sh.de/merz-monstrum/ )

seit märz.2002 auch im http://www.forum-der-13.de/

Werner Theis / Walther
walther@gedankenlieder.de

http://www.gedankenlieder.de/


Geburtsort/-datum: Berlin-Schmargendorf, Jg.1956

Wohnort: Metzingen bei Stuttgart, verheiratet, 2 Töchter

Brotberuf: Management von 2 Dienstleistungsunternehmen
Eines davon aus der IT-Branche

Autor: seit dem 15. Lebensjahr über 1.500 Gedichte, davon über 750 Sonette, Rezensionen, politische Essays, Artikel, Kurzgeschichten, Aphorismen,
Veröffentlichungen: in Jugend-, Schüler-, Studenten-, Verbands- und Fachzeitschriften,
bei letzteren auch Gründer/Herausgeber/Redakteur,
während des Studiums Zeilenjournalist beim Mannheimer Morgen und der Rheinpfalz
schreibt in div .Internetforen und Literaturzeitschriften (meist Haikus und Sonette)
im Eigenverlag in kleiner Stückzahl (Gedichte)
eigene BLogs unter http://www.gedankenlieder.de/ und http://www.sonettportal.net/
Lyrikredaktion bei http://www.asphaltspuren.de/
Kassier und Mitglied im Leitungsteam des Autorenkollektivs http://www.tage-bau.de/




 
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